Kraft-Wärme-Kopplung: ökonomische und ökologische Chancen

Einleitung

Das Prinzip KWK: Die Arbeitsfähigkeit des Brennstoffs nutzen

Substitutionswirkungsgrad: Berechnung der spezifischen CO2-Emissionen

KWK-Prozesse: Unterschiedliche Reduktionspotentiale

Vergleich Stromerzeugung in verschiedenen Kraftwerken

Gasturbinentoppingprozeß: Ausbau vorhandener Dampfturbinen-Kraftwerke mit Gasturbinen

Anhang: Skizzen der vorgestellten KWK-Modelle

Basisfall
Dampfturbine
Gasturbine
Combiprozeß: Gasturbine, Dampfturbine, ungefeuerter Abhitzekessel
Combiprozeß: Gasturbine, Dampfturbine, Abhitzekessel mit Zusatzfeuerung
Combiprozeß: Gasturbine, Dampfturbine, Abhitzekessel mit voller Zusatzfeuerung (Vorschaltgasturbine)

Jährliche Einzel- und Gesamt-Emissionen sowie Einsparungen an CO2

 

Einleitung

Nachfolgden werden die wichtigsten technischen Eigenschaften der Kraft-Wärme-Kopplung erläutert. Die wirtschaftlichen Chancen und notwendigen Rahmenbedingungen werden an anderer Stelle analysiert.

Die KWK kann signifikant zum Klimaschutz beitragen. Sie weist deutlich höhere Wirkungsgrade in der Stromerzeugung auf als alle anderen heute verfügbaren Kraftwerke mit fossilen Brennstoffen. Dies führt besonders in mit Erdgas betriebenen Anlagen zu niedrigsten spezifischen Emissionen von Treibhausgasen. Die spezifischen Investitionskosten sind im Vergleich zu anderen Maßnahmen zur Emissionsminderung niedrig.

Konzentriert auf die Stromerzeugung werden die z.Z. vom Potential her wichtigsten KWK-Technologien nachfolgend über geeignete Kennzahlen vorgestellt und mit anderen Kraftwerken verglichen. Sie erlauben eine einfache und ausreichend genaue Berechnung der Minderung der CO2-Emissionen, die sich bei Umstellung der Stromerzeugung ergeben. Das so für Deutschland erzielbare Potential dürfte bei weit über 10 % der Gesamtemmissionen liegen.

Das Prinzip KWK: Die Arbeitsfähigkeit des Brennstoffs nutzen

Die Vorteile der KWK resultieren aus einer thermodynamisch günstigen, gleichzeitigen, in einer Anlage stattfindenden Erzeugung von Wärme und Strom.

Bei der getrennten Erzeugung von Wärme und Strom ist die Wärmeerzeugung in reinen Heizkesseln mit großen thermodynamischen Verlusten verbunden: Die Arbeitsfähigkeit (oder Exergie) des Brennstoffs geht weitestgehend verloren. Erzeugt man dagegen die Wärme gekoppelt mit Strom, eben in Kraft-Wärme-Kopplung, kann die Arbeitsfähigkeit der Energie (Exergie) wesentlich besser genutzt werden. Diese bessere Nutzung der Arbeitsfähigkeit bei der Wärmeerzeugung führt zu niedrigen Gesamtemissionen. Strom aus KWK muß nämlich nicht in anderen Kraftwerken erzeugt werden.

Dies läßt sich z.B. durch den Vergleich der spezifischen CO2-Emissionen der Stromerzeugung in KWK mit denen in anderen Kraftwerken zeigen. Diese Darstellung hat folgende Vorteile:

Substitutionswirkungsgrad: Berechnung der spezifischen CO2-Emissionen


Bild 2: KWK-Stromerzeugung in einem Gas- und Dampfturbinen-KW: hoher Substitutionswirkungsgrad

Für die Bewertung der KWK ist eigentlich nur interessant, wieviel Brennstoff zusätzlich für die Stromerzeugung benötigt wird. Bild 2 verdeutlicht den Zusammenhang für eine KWK-Anlage mit 9,3 MW-Gasturbine, ungefeuertem Abhitzekessel und Dampfturbine:

Die ganze Säule läßt sich in zwei Bereiche Aufteilen:

Das Verhältnis aus erzeugtem Strom und dem Brennstoffmehrbedarf der KWK-Anlage berechnet sich hier zu 0,712. Dies bedeutet, daß 71 % des Brennstoffs, der in der KWK-Anlage zusätzlich eingesetzt wird, in Strom umgewandelt wird. Das Verhältnis ist unmittelbar vergleichbar mit dem Wirkungsgrad eines anderen Kraftwerkes. Es wird daher auch als Substitutionswirkungsgrad bezeichnet. Bei gleichem Brennstoff für die KWK-Anlage und den Ersatzkessel gilt

mit
elektrischer Wirkungsgrad der KWK-Anlage,
Gesamtnutzungsgrad
Nutzungsgrad des Ersatzkessels

Damit lassen sich dann die spezifischen CO2-Emissionen der KWK-Stromerzeugung berechnen zu:

Durch Multiplikation dieses Wertes mit der elektrischen Leistung und den Jahresbenutzungsstunden erhält man die jährlichen Emissionen für die Stromerzeugung in KWK und kann sie direkt mit anderen Kraftwerken vergleichen.

KWK-Prozesse: Unterschiedliche Reduktionspotentiale

Für die absolut erreichbaren Reduktionen sind nicht allein die spezifischen Emissionen entscheidend: Wichtig ist auch, daß ein möglichst hoher Anteil der benötigten Wärme in KWK mit geringen Verlusten an Arbeitsfähigkeit (Exergie) bereitgestellt wird.

Nachfolgend wird ein Industrieverbraucher mit einem Wärmebedarf von 20 t/h Dampf beispielhaft mit fünf verschiedenen Kraft-Wärme-Kopplungs-Systemen auf Basis von Gas- und Dampfturbinen versorgt. Nur zum Vergleich wird für die selbe Wärmemenge auch ein Motoren-BHKW dargestellt. Es kann jedoch die hier notwendigen Prozeßtemperaturen nicht erreichen.

Die hohen Substitutionswirkungsgrade der verschiedenen KWK-Prozesse werden in Bild 3 dargestellt:

Bild 3: Substitutionswirkungsgrad verschiedener KWK-Prozesse:
Alle versorgen den gleichen industriellen Verbraucher mit einem Wärmebedarf von 20 t/h.
Das nur zum Vergleich dargestellte Motorenkraftwerk hat zur Voraussetzung,
daß die Wärme auf niedrigem Temperaturniveau ausgekoppelt werden kann.

 

Bild 4 verdeutlicht die CO2-Reduktionen, zu denen die verschiedenen KWK-Technologien führen:

Bild 4: CO2-Reduktion der oben dargestellten KWK-Prozesse: der Prozeß mit den geringsten Verlusten an Arbeitsfähigkeit -
der GuD-Prozeß ohne Zusatzfeuerung - zeigt das höchste Reduktionspotential.
Er hat die größte Stromkennzahl und damit die höchste elektrische Leistung. Auslastung: hier 8000 h/a

Der Prozeß mit Gas- und Dampfturbine und ungefeuertem Abhitzekessel führt zu den mit Abstand höchsten Reduktionen. Bei hohem Substitutionswirkungsgrad hat er die höchste Stromkennzahl, d.h. pro abgegebener Wärmeeinheit wird der meiste Strom erzeugt. Die physikalische Begründung liegt darin, daß er die geringsten Verluste an Arbeitsfähigkeit aufweist.

Mit zunehmender Zusatzfeuerung verbessern sich aufgrund der vor Ort niedrigeren Abgasverluste die spezifischen CO2-Emissionen für die Stromerzeugung aus KWK, aber die Stromkennzahlen und damit die absoluten Minderungen der CO2-Emission sinken. Thermodynamisch nehmen die exergetischen Verluste aufgrund der stark zunehmenden Temperaturdifferenzen im Kessel stark zu.

Die Bilanzgrenze schließt die Industrieanlage selbst und das öffentliche Stromversorgungsnetz mit dem Kraftwerk eines EVU ein. Über das Netz bezogener oder abgegebener Strom erhöht oder verringert die Leistung von Steinkohle-Kondensationskraftwerken, die in der Mittellast betrieben werden. Diese Annahme wird gewählt, da alle Kernkraftwerke in der Bundesrepublik im Grundlastbetrieb fahren und regenerative Kraftwerke (Wasserkraft, Wind und Sonne) nach Anfall ins Netz einspeisen.

Als Brennstoff wird in allen Varianten sowohl für den Betrieb der Gasturbine als auch für die Feuerung Erdgas eingesetzt.

Vergleich mit anderen Kraftwerken: Minimale CO2-Emissionen in KWK

Die niedrigen spezifischen CO2-Emissionen der Stromerzeugung durch KWK-Systeme lassen sich mit keinem sonstigen, fossil gefeuerten Kraftwerk erreichen.

Bild 5 zeigt einen Vergleich. Man sieht, daß die spezifischen Emissionen der KWK nur etwa ein Fünftel bis ein Viertel der Werte heute betriebener fossiler Mittel- und Grundlastkraftwerke betragen.



Bild 5: CO2-Emissionen bei der Stromerzeugung in verschiedenen Kraftwerken.
Die niedrigen Werte der Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen
lassen sich mit sonstigen fossil gefeuerten Kraftwerken heute nicht erreichen
Dies gilt auch für Wärmebedarfsfälle, die in Brennwerttechnik versorgt werden können.
(Auch als A4-Vortragsfolie im Downloadbereich)

Auch gegenüber gasgefeuerten GuD-Kraftwerken betragen die Einsparungen noch etwa 20 bis 30 %.

Dies gilt explizit auch bei der Kombination verschiedener Systeme wie gasgefeuerte GuD-Kraftwerke und Brennwertkessel für die Wärmeversorgung (Säule ganz rechts in Bild 5). Damit ist die Aussage einer vor Jahren vorgestellten Studie (Pestel u.a. 1994), die wesentlich auf dem unglücklichen Vergleich unterschiedli-cher Systeme basiert und auch heute noch gelegentlich zu Irritationen führt, nochmals sehr anschaulich widerlegt.

 

Gasturbinentoppingprozeß: Ausbau vorhandener Dampfturbinen-Kraftwerke mit Gasturbinen

Oft ist in industriellen Versorgungsanlagen bereits KWK auf Basis von Gegendruckdampfturbinen realisiert. Wie aus Bild 4 zu schließen ist, können solche Anlagen durch Zubau von Gasturbinen in ihrer elektrischen Leistung etwa vervierfacht werden. Die daraus resultierenden Vorteile lassen sich wieder ähnlich wie in Bild 2 durch den Gasturbinentoppingprozeß ableiten. Die dazu gehörenden Substitutionswirkungsgrade liegen in der gleichen Größenordnung wie die der entsprechenden GuD-KWK Prozesse. Aufgrund der i.A. höheren Wirkungsgrade steigen sie mit zunehmender Leistung.

 

Anhang: Skizzen der vorgestellten KWK-Modelle

Die oben gezeigten Prozesse werden nachfolgend noch ein wenig detaillierter beschrieben. Sie stimmen im Prinzip mit der obigen Darstellung überein, sind allerdings noch konservativer gerechnet, so daß die Emissionsminderungen etwas niedriger ausfallen. Auch sie sind für einen einheitlichen Industrieverbraucher gerechnet. In allen Varianten hat der Verbraucher denselben Bedarf von 20 t/h Dampf und 2 MW elektrischer Leistung. Die Bilanzgrenze schließt die Industrieanlage selbst und das öffentliche Stromversorgungsnetz mit dem Kraftwerk eines EVU ein.

Als Brennstoff wird in allen Varianten sowohl für den Betrieb der Gasturbine als auch für die Feuerung Erdgas eingesetzt. Von der Industrieanlage bezogener und ins Netz abgegebener Strom stammt aus Steinkohle-Kondensationskraftwerken, die in der Mittellast betrieben werden. Diese Annahme ist zulässig, da alle Kernkraftwerke in der Bundesrepublik im Grundlastbetrieb fahren, regenerative Kraftwerke (Wasserkraft, Wind und Sonne) nach Anfall ins Netz einspeisen. Die eingesetzte Technik ist marktgängig und weist eine hohe Verfügbarkeit auf. Bei einer Skalierung des vorgestellten Beispieles nach oben oder unten verändern sich die spezifischen Zahlen geringfügig, die Grundaussagen und die Größenordnung der Einsparung bleiben jedoch erhalten.

In Variante 1 wird der Verbraucher durch eine einfache Anlage ohne Kraft-Wärme-Kopplung versorgt. Aus der Feuerungsanlage des Kessels werden dabei 2,9 t/h CO2 emittiert. Der Strom wird in einem öffentlichen Kohle-Kondensationskraftwerk erzeugt und verursacht dort eine CO2-Emission von 2 t/h. Die Gesamtemissionen aus Industrieanlage und öffentlichem Kraftwerk betragen also 4,9 t/h.


Bild A1 KWK-Basisfall: Keine Kraft-Wärme Kopplung

Bild A2 zeigt die klassische Schaltung der KWK, die schon seit Jahrzehnten einen festen Bestand industrieller Energieversorgung darstellt. Im Kessel wird der Dampf mit einer höheren Temperatur und höherem Druck erzeugt und anschließend über eine Dampfturbine entspannt, bevor er zum Verbraucher geführt wird. Mit einer guten Turbine und mäßigem Dampfdruck kann bereits eine elektrische Leistung von 3,3 MW erzeugt werden und so gut 1 MW ins öffentliche Stromnetz zurückgespeist werden. Damit werden die CO2-Emissionen in einem Kohlekraftwerk um 1 t/h reduziert. Da dem Kessel wegen der Dampfturbine gegenüber der Variante 1 ein höherer Energiestrom zugeführt werden muß, erhöht sich dessen CO2-Emission geringfügig auf 3,6 t/h, die Emissionen im externen Kraftwerk sinken dagegen um 1.2 t/h.


Bild A2 KWK-Variante: Dampfturbine

Bild A3 zeigt eine Gasturbine mit einem ungefeuerten Abhitzekessel. Die ca. 500° C heißen Abgase der Gasturbine stellen den Wärmestrom für die Erzeugung des Dampfes zur Verfügung. Aufgrund der großen Leistung der Gasturbine können nach Bedienung des 2 MW-Eigenverbrauchers 6 MW in das öffentliche Netz abgegeben werden. Die Feuerungswärmeleistung der Gasturbine beträgt 26 MW, daraus resultieren 5,1 t/h CO2-Emissionen.


Bild A3 KWK Variante: GT, ungefeuerter Abhitzekessel

 

In Variante 4 ist nun der Gasturbinenprozeß mit dem Dampfturbinenprozeß kombiniert. Aufgrund des notwendigen höheren Enthalpiestromes zur Bedienung der Dampfturbine wurde die Gasturbinenleistung geringfügig erhöht. Im Kessel werden 3/4 des Dampfes als Hochdruckdampf erzeugt, der über eine Dampfturbine geleitet wird, und ca. 5 t/h werden als Niederdruckdampf direkt in das Netz eingespeist. Bei 9,8 MW aus der Gasturbine und 2,3 MW aus der Dampfturbine beträgt die gesamte erzeugte elektrische Leistung abzuüglich des Eigenbedarfes 11,9 MW, so daß 9,9 MW ins öffentliche Netz eingespeist werden können.


Bild A4 KWK Variante: GT, DT, ungefeuerter Abhitzekessel

Varianten 5 und 6 zeigen jetzt noch zwei Sonderfälle des Kombiprozesses.

Fall 5 ist der Kombiprozeß mit Zusatzfeuerung. Die Gasturbinenleistung ist hier so gewählt, daß der Kessel noch ohne Membranwänder gebaut werden kann. Der Hochdruckkessel erzeugt wieder überhitzten Dampf zur Speisung einer Dampfturbine. Der fehlende Enthalpiestrom im Kessel wird durch eine Zusatzfeuerung von 5,8 MW bereitgestellt.


Bild A5 KWK Variante: GT, DT, gefeuerter Abhitzekessel

Die Variante 6 zeigt die klassische, sogenannte Vorschaltgasturbine. Statt Frischluft wird hier das Abgas einer Gasturbine als Sauerstoffträger mit einer Temperatur von ca. 500 °C und einem Restsauerstoffgehalt von ca. 15 % (statt 21 %) in den Kessel geleitet. Damit ergibt sich eine vergleichsweise geringe Gasturbinenleistung von 2,0  MW. In einem öffentlichen Kraftwerk können 3,9 MW Kondensationsstrom ersetzt werden.


Bild A6 KWK Variante: Vorschalt-GT, volle Zusatzfeuerung

Ohne hier weiter darauf einzugehen, haben natürlich auch andere, im obigen Vergleich nicht aufgeführte KWK-Alternativen, wie Gas-, Diesel- und Gas-/Dieselzündstrahlmotoren, auch mit Heißkühlung, die KWKK als Kombination der KWK mit Absorptionskältemaschinen, die Vorschaltung z.B. von Gasturbinen vor Trocknern u.s.w., ebenfalls ihren Platz in der industriellen Energietechnik. In der Zukunft werden Brennstoffzellen - sowohl im höheren als auch im niedrigeren Leistungsbereich - auch dazu gehören.

 

Jährliche Emissionen und Einsparungen an CO2

Betreibt man die vorgestellten Varianten über 8.000 Stunden, so lassen sich die erzielbaren CO2-Emissionen berechnen. Sie sind in Bild 5.7 zum einen als Einzelwerte von Gasturbine, Feuerung im Industriekessel, Kohle-Kraftwerk und der daraus resultierenden Gesamtleistung sowie den Einsparungen gegenüber Variante 1 aufgetragen.


Bild 5.7 CO2-Einzel- und Gesamtemissionen der vorgestellten KWK-Varianten

Das CO2-Einsparpotential des Kombiprozesses mit ungefeuertem Abhitzekessel (Variante 4) ist mit über 70.000 t/a deutlich am größten. Dies ist auch verständlich, da in diesem Prozeß die geringsten Verluste an technischer Arbeitsfähigkeit zu verzeichnen sind.